Wir passieren die Grenze und landen sogleich am Nahango-Nationalpark, da die Straße hier mittendurch führt. Wieder gibt es viel Wild. Oryx-Antilopen, Springbocks und anderes. Gefällt uns insofern nicht, als daß das wieder nach Löwengebiet aussieht. Die Piste ist dafür super. Ca. 15 Meter breit und zügig befahrbar. Das sind die berühmten “Gravel-Roads” in Namibia. Sehr gut unterhalten und breit wie eine Autobahn.
Am Park-Gate bestätigt man uns, daß es hier Löwen gibt. Aber gut, solange wir schneller fahren können als die rennen, sollte das gefahrlos sein. Irgendwann erreichen wir die Hauptasphaltstraße, die den Caprivi-Zipfel von Ost nach West durchquert. Wir geben Gas Richtung Rundu, wo wir unsere erste Nacht in Namibia verbringen. Etwas verwirrt sind wir, als uns alle Preise in “Dollar” genannt werden. Eigentlich ist die Währung hier der Namibische Rand aber offensichtlich sagt hier keiner Rand, sondern eben Dollar. Der US-Dollar spielt hier, im Gegensatz zum Restafrika, keine Rolle mehr.
Wir fahren durch das Land der San und Bushmen. Namibia ist laut hörensagen “weiß” geprägt. Aber hier oben ist noch echtes Afrika. Links und rechts der Straße einfache Hütten mit afrikanischen Leben.
100 Km südlich von Rundu verschwinden die letzten Siedlungen an der Straße und es wird menschleer. Die Landschaft bleibt flach ist aber nach wie vor grün. Vereinzelt sehen wir Bushmen. Einen sogar mit Pfeil und Bogen. Angeblich tränken sie Ihre Pfeilspitzen mit Gift, für das es kein Gegenmittel gibt.
Nach 400 Km erreichen wir Grootfontain. Die Stadt macht einen europäischen Eindruck. Das ist auch der Grund für uns, hierher zu kommen. Wir brauchen unbedingt einen neuen Hinterradreifen und es gibt hier einen Motorradhändler. Der organisiert für uns problemlos einen neuen Reifen und wir können weiter nach Tsumeb.
Ein “muß” für Namibia-Reisende, ist die Etoscha-Pfanne. Das ist ein meist ausgetrockneter Salzsee mit großen Wildbestand. Das ganze Gebiet um den See ist Nationalpark und darf mit dem Motorrad nicht befahren werden. Was sicherlich bei den vielen Raubkatzen auch Sinn macht. Wir mieten uns einen schönen Toyota Hilux 4WD und satteln um auf 4 Räder.
Es sind ca. 130 Km von Tsumeb zum östlichen Park-Gate. Das fahren macht richtig Spaß. Wir regeln die Klimaanlage auf eine angenehme Temperatur und hören deutsches Radio während die Landschaft an uns vorbeirauscht. Am Eingang kaufen wir uns eine Detailkarte vom Park und die nächsten Tage sind wir damit beschäftigt auf Pirschfahrt zu gehen.
Wir kommen voll auf unsere Kosten. Wir sehen Löwen, sogar einen Leoparden (wenn auch etwas weit weg) und vor allem Nashörner. Die Camps im Etoscha Park sind auch klasse. Weil mit Swimmingpool, wo wir uns während der heißen Mittagszeit rumdrücken.
Windhoek liegt nur knapp 500 Km südlich von uns. Von da aus nach Kapstadt wären es nur noch 3 bis 4 Fahrtage. Irgendwie verlockend, allerdings wollten wir schon immer die Himbas sehen. Ein Naturvolk, wie es sie nur noch selten in Afrika gibt. Und diese Menschen leben etwas “ab vom Schuß” im äußersten Nordwesten Namibias im Kaokoveld. Unser Ziel dort sind die Epupa-Falls, direkt an der Grenze zu Angola. Das sind ca. 700 Km von Tsumeb nach Nordwesten.
Ein Freund von uns, der in Namibia lebt, empfiehlt uns, zuerst nach Ruacana zu fahren und dann am Kuneni-River entlang zu den Epupa-Falls.
Wir fahren wieder mal eine dieser mörderlangen Etappen. Wir durchqueren in Ovamboland, die dichtbesiedelste Provinz in Namibia. Kein Landstrich den man gesehen haben muß. Die Dörfer und Städte etwas heruntergekommen. Das Land flach und ausgetrocknet. In Oshakati finden wir mit Mühe einen Zeltplatz der mehr einem Acker gleicht. Es bleibt unschön bis kurz vor Ruacana. Dann tauchen die ersten Berge auf. Endlich, nach der langen eintönigen Fahrt wollen wir in die Landschaften von Namibia eintauchen, von der alle Namibia-Reisenden begeistert erzählen.
Wir werden nicht enttäuscht. Gleich hinter den Ruacana Falls beginnt eine Piste, die genau am Kuneni-Grenzfluß entlangläuft. Das Nordufer gehört schon zu Angola. Die Piste führt durch eine traumhafte Landschaft. Es geht immer wieder auf und ab, mal durch dichteres Buschwerk und dann wieder durch offene Berglandschaft. Immer wieder müssen wir durch kleine Tümpel fahren.
Am Abend erreichen wir die Kuneni-River-Lodge. Besser könnte der Tag nicht abschließen. Die Campsites sind perfekt angelegt. Man blickt über den Fluß, es gibt ein prima Restaurant und einen kühlen Swimmingpool. Eine Ecke ist loungartig angelegt. Hier gibt es genug Steckdosen um sein Equipment wieder aufzuladen und kostenloses WLAN. Und das mitten im Busch.
Wir bleiben gleich 2 Nächte und erkundigen uns nach der Weiterfahrt Richtung Epupa. Die nächsten 100 Km am Fluß entlang sollen bretthart sein. Ein Auto hat Mühe, daß an einem Tag zu schaffen. 10 Stunden Fahrtzeit sind normal. Man rät uns ab, mit den vollbepackten Motorräder die Piste zu fahren. Die Strecke ist einsam und wenn uns was passiert ist keine Hilfe zu erwarten. Ok, dann halt nicht. Es gibt einen Bypass durch die Zebraberge. Das ist eine gut geschobene Gravel-Road und man ist in 3 Stunden in Epupa-Falls.
Das machen wir.
Die Piste führt erst etwas nach Süden um dann in einer Schleife wieder nach Norden abzubiegen. Die Landschaft ist wie aus einem Wild-West film. Rot schatierte Berge oder dunkel mit einem Zebramuster durchzogen (warum auch immer). Kurz vor Epupa baut sich vor uns eine Gewitterzelle auf. Wir fahren zwar mutig hinein aber dann fängt es aus allen Rohren an zu regnen. Kurz vorher sind wir schon an einem Himba-Dorf vorbeigefahren.
Da wir nicht am Pistenrand das Unwetter über uns ergehen lassen wollen, kehren wir um und fragen nach, ob wir uns unterstellen dürfen. Wir dürfen und finden uns in einer Hütte mit 2 halbnackten Himbafrauen wieder. Die beiden sprechen kein Wort englisch und wir lächeln uns tapfer an bis der Regen aufhört.
Noch wenige Kilometer bis zu den Epupa-Falls. Die Piste führt über eine Kuppe und dann liegen sie vor uns. Die Epupa-Wasserfälle. Es ist wie die Ankunft im Paradies. Das Tal des Kuneni-River ist gesäumt von Palmen. Das Wasser bricht nicht einfach über eine Kante ab, sondern es hat unzählige kleine Schluchten, durch die das Wasser hinabstürzt.
Der Epupa-Community-Campground liegt direkt an den Wasserfällen und das Restaurant fast direkt über dem Wasser. Ein Ort, der seinesgleichen sucht.
Wir erkunden die Wasserfälle. Es gibt Becken, durch die Wasser läuft, in denen man baden kann. Ein Pfad führt an den Fällen vorbei und man kann den Kuneni bis zum Unterlauf folgen. Ein Naturerlebnis wie aus dem Bilderbuch.
Jetzt hatten wir zwar schon das Vergnügen mit den Himbas, aber wir wollen noch einen “offiziellen” besuch machen. Im Camp treffen wir auf “John”. Ein Himbamann der die Touristen ins Dorf führt und alles erklärt und auch übersetzt. Bevor wir losfahren, kaufen wir noch Reis, Öl und Kaffee als “Gastgeschenk” ein.
Das Dorf liegt ca. 20 km südlich von Epupa und wir fahren mit den Motorrädern. John ist mein Sozius.
Eine kleine Buschpiste führt uns in das Dorf. Es ist eingezäunt mit einem Zaun aus Astgeflecht und Gestrüpp. Im Inneren nochmal ein Kral, in dem die Tiere, hauptsächlich Ziegen, nachts eingesperrt werden. Aber jetzt laufen alle Tiere kreuz und quer durch das Dorf. Die Kinder staunen uns an. Weniger, weil Touristen das Dorf besuchen, sondern wegen der Motorräder. Das haben sie so oft noch nicht gesehen.
John führt uns durch das Dorf. Es sind nur Frauen und Kinder da. Die Männer sind leider nicht da, sondern zur Zeit alle in Opuwo, um gegen den geplanten Damm zu protestieren, der den Kuneni-River aufstauen soll. Dann wären auch die Wasserfälle Geschichte.
Wir schauen uns um, John erklärt uns was wir sehen und wir können Fotos machen. Vieles erinnert uns stark an die Mursi und Hammer-Leute im Omo-Valley in Äthiopien. Nur erscheint alles viel friedfertiger. Allerdings, wie bei den Mursi, kommt man auch hier nicht ohne Verstümmelung aus. Den Himbas fehlen die unteren Schneidezähne. John wurden Sie mit 16 ausgeschlagen. “Very painfull” meint er. Als ich Frage, warum man das macht, zuckt er mit den Schultern. “Tradition” meint er.
Auffallend ist auch der Geruch der Himbafrauen. Da sie sich mit Rotholzpulver einräuchern und sich mit einem Mix aus Ockerstein-Pulver und Butterfett einreiben, dafür aber nie waschen, kommt ein gewisses “Geruchsbild” zusammen.
Um bei den Kindern die “Neugierde” auf die Motorräder zu befriedigen, drehe ich noch einige Runden mit jeweils 3 Passagieren vor dem Dorf. Ein Riesenspaß für uns alle.
Wir sind jetzt am nödlichsten Punkt Namibias und unsere Reise führt uns weiter nach Süden, nach Opuwo, der Distrikthauptstadt. Diese Stadt hat definitiv ein Highlight. Der Supermarkt. Hier gibt es wie gewohnt alles, was man in einem Supermarkt so kaufen kann aber vor allem ist es skuril, sich zwischen den Regalen an Himbafrauen im Lederschurz, Herreros in traditioneller Tracht und bleichgesichtigen Touristen vorbeidrücken zu müssen.
Das ist schon echt krass hier. Auch auf der Straße das gleiche Bild. Himbas, Herreros und “normal” angezogenes Volk.
Wir blicken auf die Landkarte, wie es weitergeht. Östlich gäbe es eine asphaltierte Straße die nach Süden geht. Aber wir haben uns im Land der Himbas noch lange nicht sattgesehen. Eine Gravelroad im Westen führt ebenfalls nach Süden. Erst nach Sesfontain. Und dann nochmal richtig ins Kaokoveld. Über eine kleine Piste nach Puros. Eine Entscheidung, die uns fast das Leben kostet.