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Namibia – dem Tod ganz nahe

Posted by on 24. April 2013

[vorheriger Artikel]

  • Bericht von Martina

Wir wollen nochmal von der Hauptpiste bei Sesfontein einen Abstecher über eine kleine Piste nach Puros machen. Das ist ein gut 100 km entferntes Himba-Dorf und liegt im Kaokoveld.
Die Piste sollte laut unserem Reiseführer in 2-3 Stunden zu bewältigen sein aber wir stellen schnell fest, daß Sie viel schwieriger ist, als wir dachten. Erst Bergpiste, dann Geröll. In einen weitläufigen Tal finden wir uns plötzlich einer Sandebene wieder. Wir wühlen uns durch kommen aber kaum vorwärts und denken auch schon ans aufgeben. Aus der Ferne kommt ein Jeep. Im übrigen das einzige Fahrzeug an diesem Tag. Der Fahrer kennt sich aus. Er meint, die schwierige Sandpiste wäre nach weiteren 10 Km zuende. Ok, das schaffen wir. Wir wühlen uns durch und kommen wieder in leichteres Gelände. Die Wüste wird urplötzlich zum Buschland. Wir sehen Tierspuren auf der Piste und plötzlich sprinten 50 Meter vor uns ca. 20 Springböcke in wilder Hatz über den Weg.
Wir halten an und schauen uns an. Denken dasselbe. Die sind auf der Flucht, was größer war als die und auch uns gefährlich werden könnte. Im Reiseführer stand, das es hier auch Löwen gibt. Und wenn wir es uns recht überlegen, ist das ein prima Löwengebiet. Wir haben plötzlich gar kein Gutes Gefühl mehr. Wir stehen auf einer sandigen Piste und hinter jedem Busch könnte ein Löwe lauern. Noch 40 Km nach Puros oder 60 Km zurück. Ok, zusammenreissen und wir fahren weiter nach Puros.
Die letzten 10 Km nach Puros sind Wüste wie in der Sahara. Nur Sand und Geröll. Aber in der Ferne machen wir schon wieder Büsche und Sträuche aus. Dort ist ist Puros. Wir steuern wir den Comunity-Campground an. Dafür müssen wir durch ein ausgetrocknetes Flußbett (Tiefsand) fahren. Mich haut es um, mein Unterschenkel wird eingeklemmt unterm Koffer, das Knie verdreht sich nach links und der Knöchel nach rechts. Schmerz, aber Lieven ist Gott sei Dank schnell genug da, bevor was reißt und kracht.
Im Campground erfahren wir, daß es tatsächlich Löwen in dem von uns bereits vermuteten Gebiet gibt. Und wir müssen dieselbe Strecke zurück. Der Campground ist eingebettet in völliger Buschlandschaft, die einzelnen Campsites sehr weit voneinander getrennt, die Camps selbst bestehen aus einer Einbuchtung im Buschwerk. Nach hinten raus geht es zu Buschtoilette- und Dusche, ein schmaler Durchgang, wohl mit der Machete rausgehauen. Uns gegenüber steht das winzige Stein-Rezeptionshäuschen, dazwischen ein riesiger freier Platz, in der Mitte ein Baum.
Um ca. 18 Uhr abends ruft es plötzlich durch das Camp: “Elefant in Camp 6″. Na super. Kurz danach frißt sich ein Elefant langsam und gemütlich durch weitere Campsites, an unserem vorbei. Ich sage noch zu Lieven: ” Du, wenn einer von hinten kommt, und einer vorne am Platz steht, haben wir ein Problem. Und das Problem kam. Um ca. 22 Uhr. Wir wußten bereits, daß vor uns auf dem freien Platz einer steht, links neben uns im Buschwerk einer frißt, und es fraß sich unüberhörbar ein Dritter zu unserem schmalen Durchgang zur Buschtoilette, also hinter uns, durch. Wieder mal Adrenalin im Stammhirn, wir starren Richtung Durchgang und plötzlich bricht er durchs Buschwerk, ein riesiger Elefantenbulle, ein paar Meter hinter unserem Zelt.
Wir sind umzingelt, sitzen in der Falle, es gibt keinen vernünftigen Fluchtweg mehr. Wir entscheiden uns dennoch für das wegschleichen am Buschrand entlang. Ziel: Stein-Rezeptionshäuschen. Wir müssen dafür allerdings den Platz überqueren, wir vermuten den Elefanten auf dem Platz ca. 8 Meter entfernt, von dem links kennen wir die Position gar nicht. Wir fassen uns ein Herz und hasten los. Leider war der Elefant am Platz entweder viel schneller als wir oder er war schon viel näher als wir dachten. Auf jeden Fall haben wir ihn erst 3-4 Meter vor uns richtig gesehen und auch gehört. Ein abartig riesiges Berg Tier mit gestellten Ohren wütet “Rüssel-himmelwärts-trompetend”, irre laut, Stoßzähne scheinen im Mondlicht, auf uns zu. Ein schierer Alptraum.
Diesen Anblick werde ich in meinem Leben nicht vergessen. Im Rennen schreie ich noch mit sich überschlagender Stimme: “Lieven, der greift an”…, wir rennen um unser Leben…, und erreichen den Baum eine halbe Sekunde vor dem Elefanten. Ich kralle mich am Baum fest, schließe die Augen und denke: Das wars! Der Elefant und wir sind aufeinander zugerannnt. Der mußte vor dem Baum voll abbremsen, ich schaue kurz darauf am Baumstamm hoch, sehe hoch über mir rechts und links zwei riesige Ohren, die Stoßzähne in Griffweite. Kurze Schockstarre. Der Elefant schwankt hin und her, dreht dann seinen riesen Schädel in die für uns günstige Richtung, und Lieven schreit mir zu: “Renn zum Häuschen…”, was ich auch wie fremdgesteuert tue. In der Panik versuche ich über einen Baum auf das Dach zu kommen, aber der Elefant ist uns nicht gefolgt. Er trabt von uns weg wieder in die Büsche.

Ganz langsam kommt die Erleichterung, dann das Zittern, dann die Erkenntnis, das wir eben gerade dem sicheren Tod um haaresbreite entkommen sind.

Als das Elefantenrudel viel später weitergezogen ist, hat Lieven unser Zelt geholt und wir haben es in dem winzigen Rezeptions-Häuschen mit nur zwei Stangen aufgebaut. Um nichts in der Welt hätte ich nochmal in einem einfachen Bodenzelt in den Weidegründen der Elefanten übernachtet. Damit hatten wir es aber noch nicht ganz hinter uns.

Die Löwen, die sich in dem Gebiet aufhalten, durch das wir leider auch wieder zurück müssen. Wir überlegen am nächsten Morgen hin und her. Sogar die Möglichkeit, einen Jeep zu organisieren, die Mopeds hinten drauf zu packen und uns da raus fahren zu lassen, wird in Erwägung gezogen. Aber Puros ist ein Wüstennest, nichts als Staub und Wildnis. Wir entscheiden uns für die “Augen-zu-und-durch-Methode”. Kurz nach dem Start auf die Piste zurück nach Sesfontein beginnt schon die Etappe “Lion-Country”, die uns nun massiv bedrohlich erscheint. Während der Fahrt durch diesen 40 km langen Abschnitt “Löwengebiet” schlägt mein Herz bis zum Helm durch. Ich konzentriere mich völlig auf die Piste, die Steine, das Geröll, ich scanne regelrecht den jeweiligen Belag ein. Ich verbiete mir, nach links und rechts zu schauen. Jetzt nur kein Sturz, keinen Platten oder sonstige Pannen. Lieven klebt mir wie von einem unsichtbaren Seil gezogen im Rückspiegel. Immer exakt derselbe Abstand, fahren fast simultan. Wir bleiben am Gas. Als wir nach 40 km endlich das Dorf Tomakas erreichen, atme ich gefühlt das erste Mal aus. Zumindest dieser Part ist geschafft. Die letzten 60 km zurück nach Sesfontein lassen wir uns aber auch keine Zeit, der Drang, aus diesem Gebiet herauszukommen, ist übermächtig. Selten sind wir eine Piste so zügig und effizient durchgefahren wie an diesem Tag.

Wir bestellen uns abends in der Lodge ein herrliches Essen, suchen anschließend die Bar auf, mir schmeckt der Wiskey-Cola und Lieven genießt ein Bier. Die Elefanten-Attacke kreist als Endlosschleife in unseren Köpfen und wir reden tagelang von nichts anderem…

Nachdem sich die Piste erst gut anließ, wurde sie immer sandiger

Dann wurde es plötzlich sehr sandig

Stressiger wurde es, als wir feststellten, daß wir in einem potentiellen Löwengebiet sind

Unser Campplatz, der sich als Falle herausstellte. Da wo mein Motorrad steht, stand unser Zelt

Elefantenweibchen im Camp. Fanden wir nicht so schlimm, bis Nachts noch 2 Bullen dazukamen

Unser lebensrettender Baum. Genau hinter dem Baum stand der Elefantenbulle, wir auf der anderen Seite

Wir verlassen Puros.

Check mit dem Tele ob es Elefanten sind. Auf der Piste hätten wir unmöglich schnell wenden können.

Die letzten Kilometer bis Sesfontain. So langsam sind wir wieder in Sicherheit.

 

 

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