In unserem Reiseführer finden wir überhaupt keine Informationen über den Westen Tanzanias. Auch unsere Karte gibt nicht viel her. Als wir die Grenzformalitäten erledigt haben, erscheint es uns wie eine Fahrt in ein unbekanntes Gebiet. Ich frage ein paar Leute, wie weit es in die nächste Stadt ist. Die Antwort ist: 350 Km. Puh, ganz schön weit. Wir bekommen allerdings den Hinweis, daß 20 Km weiter südlich Ngara sei. Eine Stadt mit Bank und kleinen Hotels. Wir müssen nur direkt hinter dem Grenzübergang mit einer Fähre über einen Fluß und der Piste folgen. Das klingt schon besser. Also setzen wir über und folgen der kleinen aber feinen Piste. Die Sonne steht schon tief und das Buschland erstrahlt in kräftigen Farben. Aus den Hütten kommen Kinder angelaufen und schreien “Mzungus, Mzungus” (Weiße auf Kisuhaeli).
In Ngara finden wir ein Guesthouse wo wir günstig übernachten können. Am Morgen versuche ich auf der Bank Geld zu tauschen. Man eröffnet mir, das das kein Problem sei, ich lediglich ein lokales Konto benötige. Ich erkläre, daß ich nur ein Tourist bin, der natürlich kein lokales Konto hat. Tja, dann “we are very sorry about this” …
Ganz klar, viele Touristen tauchen hier mit Sicherheit nicht auf. Auf dem Schwarzmarkt bekomme ich dann unsere ersehnten tansanischen Schillinge.
Unsere nächstes Ziel heißt Karatu, ca. 1000 km weiter östlich. Wir fahren quasi einmal quer durch Tansania von West nach Ost durch. Die Fahrt ist weit aber angenehm. Es ist trocken, zuerst fahren wir durch bergiges und dünnbesiedeltes Buschland. Später wird es flacher, bleibt aber recht einsam. Wir spulen Kilometer ab ohne daß es echte Höhepunkte gibt. Ab und an eine Polizeikontrolle die aber meist nur auf einen Smalltalk aus ist. Nach 3 Tagen Fahrt sind wir kurz vor Karatu. An der Kreuzung Richtung Arusha stehen einige Teebuden und Verkaufstände. Wir halten an für einen Kaffee. Pausenlos fahren Toyota und Landrover-Jeeps mit weißen Touristen drin, vorbei. Die Jungs von der Teestube sind ganz nett, vor allem, weil wir auch noch ein T-Shirt kaufen. Allerdings auch ein wenig frustriert, weil so gut wie kein Mzungu-Fahrzeug anhält. Aber gut, wir denken, die müssen ja irgendwohin und im 80 Km entfernten Karatu dürfte tourimäßig gut was los sein.
Karatu wirkt etwas verstaubt aber es gibt jede Menge Guesthouses und wir fahren einmal quer durch den Ort um nach einer passenden Bleibe zu schauen. Aber so gut wie keine Touristen sind da. Wo sind die denn alle? Problemlos finden wir ein Zimmer und sind natürlich die einzigen Gäste. Auf der Straße werden wir aber dann tatsächlich von einem anderem (deutschem) Touristen angesprochen. Es ist Herbert, ein Münchener und “Rucksacktourist”, der noch Mitfahrer für den Ngorogoro Krater sucht. Das passt uns natürlich sehr gut. So ziemlich das gleiche hatten wir auch vor.
Der Ngorogoro Krater ist ein weltweit einzigartiges Naturphänomen. Einst war das ein riesiger Vulkan, der in sich zusammenstürzte und jetzt eine riesige Caldera mit ca. 25 Km Durchmesser bildet. Innerhalb dieses Kraters finden sich nun die meisten großen Tierarten Afrikas wieder. Da der Kraterrand zwar steil ist aber nicht zu steil, können die Tiere von der Serengeti her in den Krater hinein und auch hinauswandern.
Wehmutstropfen ist der hohe Preis, den eine Tour in den Krater kostet. 50 Dollar Parkeintritt. 200 Dollar das Auto mit Fahrer und nochmal 200 Dollar Cartax. Da macht es dann schon Sinn, mit mehreren Leuten zu fahren. Es finden sich noch 2 Norweger, die auch mitmachen und so können wir für 120 Dollar p.P. starten.
Früh am morgen fahren wir los. Schon nach 20 Km erreichen wir den “Rim”, den Kraterrand, von wo aus man einen grandiosen Ausblick in den Krater hinein hat. Ein steile Piste führt hinab zum Kraterboden. Jetzt startet das “übliche” Gamedrive (Pirschfahrt)-Prozedere: “Such den Löwen”. Wir fahren kreuz und quer durch den Krater. Sehen Elefanten, Zebras, Antilopen, Rhinozorose, Hyänen und Warzenschweine. Dann, über Funk die Nachricht “gesichtetes Löwenrudel” (die Fahrzeuge des Parks sind miteinander in Funkkontakt). Unser Fahrer heizt zur angegebenen Stelle. Als wir dort ankommen, stehen schon locker 15 Fahrzeuge bei einem schlafenden Löwenrudel. Die nehmen uns kaum zur Kenntniss. Blinzeln uns ab und an milde an, um dann gleich wieder weiterzudösen. Wir schießen unsere bestmöglichen Löwenfotos aber auch nach einer guten halben Stunde tut sich einfach gar nichts. Also gut, dann pirschen wir noch ein wenig weiter. Wir sehen wieder Elefanten, Zebras, Antilopen, Rhinozorose, Hyänen und Warzenschweine um dann wieder zu den Löwen zu gelangen. Es hat sich fantastisches getan. Das ganze Rudel liegt jetzt auf der anderen Seite der Piste im gewohnten Müßiggang. Immerhin, sie haben sich um ca. 5 Meter bewegt.
Trotzdem, der Ngorogoro Krater ist schon ein Höhepunkt. Es gibt sicherlich wenige Plätze auf der Welt, wo man in so einzigartiger Kulisse die Tierwelt Afrikas bestaunen kann.
Wir verlassen Karuta. Wir wollen nach Dar es Salam. Nochmal 900 Km. Unser Weg führt uns über Arusha. Der Touristenhochburg in Nordtansania. Wieder sehen wir viele Touris in den Jeeps. Aber keinen einzigen auf der Straße. Wir halten an einem Straßenrestaurant an. Ich bestelle mir eine Gibsi Mayai. Das Fast Food Essen in Tansania. Pommes in Ei und nochmal in Fett gebraten. Die Kalorienbombe schlechthin. Wir kommen mit dem Koch ins Gespräch. Auch er sieht natürlich die vielen Touris vorbeifahren. Er meint, die Touristen schlafen nur in den exklusiven Lodges und besuchen die Parks. “But they don’t wan’t to visit us and they don´t want to see the real african life”.
Ja tatsächlich, daß ist schon ein merkwürdiger Tourismus hier in Nordtansania. Die meisten sehen so aus, als ob Sie auf “Großwildjagt” gehen, bewegen sich aber letztlich nur zwischen Auto und Lodge hin und her.
Was uns aber wieder viel mehr umtreibt ist der Höllenverkehr rund um Arusha. Autos, Laster und Busse fahren wie vom Teufel besessen und wir haben wieder haarsträubende Verkehrsituationen.
Diese gefährliche Etappe beenden wir in Moshi. Moshi liegt direkt am Fuß vom Kilimanjaro und ist Ausgangspunkt für dessen Besteigung. Es ist allerdings bewölkt und wir können nur die Bergflanken erkennen aber nicht den Gipfel.
In einem Hostel finden wir ein Zimmer. Hier bekommen wir eine SMS von zu Hause die uns erschüttert. Unser Freund Stefan, der wie wir in Pfirschbach wohnt, wurde tot in seiner Wohnung aufgefunden. Wir sind geschockt und betrübt. Offensichtlich ist er einer Grippe erlegen. Stefan ist genauso alt wie wir. Unfassbar.
Mit traurigen Gedanken setzen wir unsere Fahrt nach Süden fort. Weder Martina noch ich haben Lust auf lange Pausen oder eine kurze Etappe. Wir wollen einfach nur fahren. Es soll einer der längsten Etappen unserer Reise werden. Nach knapp 500 Km kommen wir im letzten Dämmerlicht in Bagamoye an. Am nächsten Tag sind es noch 80 km bis nach Dar es Salam. Von dort wollen wir übersetzen nach Sansibar, der Gewürzinsel im indischen Ozean.
Hier wollen wir die weißen Sandstrände erkunden und uns auch einfach mal mit dem nichts tun beschäftigen.