Einigermaßen erholt wache ich auf. In der Nacht wehte ein heftiger Wind der jetzt am Morgen wieder nachlässt. Wir kratzen irgendwie ein Frühstück zusammen. Die letzten Brotscheiben aus unserer “Aldi-Brotkonservendose” müssen dran glauben, Nutella und Kaffee haben wir eh dabei und so müssen wir wenigstens nicht hungrig in den Tag starten.
Die Park-Headquarters vom Sibiloi-Park wirken erstaunlich aufgeräumt. Die Pisten eingerahmt von weissen Steinen. Die Häuser adrett und funktional. Und eine sehr schöne Sicht auf den Turkana-Lake.
Ich nehme jetzt bei Tageslicht die Motorräder in Augenschein. Beide Tanks haben schwere Kratzer abbekommen. Martinas Stahltank ist außerdem eingedellert. Mein linker hinterer Blinker hängt lose davon. Bei Martina ist die Schaltgabel verbogen. Mehr ist erstmal nicht zu entdecken. Ein Wunder nach der Fahrt von gestern. Den Blinker kann ich wieder anschrauben und die Schaltgabel biege ich wieder in Position.
Unser Navi hat immer noch einen Schlag. Der Ein-/Ausknopf scheint nicht mehr zu funktionieren. Ohne Navi wird es aber schwierig hier wegzukommen.
Wir hätten mehrere Möglichkeiten. Nach Süden über Loangalani nach Barsaloi und dann nach Maralal. Das wären mindestens 2 bis 3 Tage durch schwieriges Gelände. Oder, kaum besser nach South-Horr. Etwa gleich lang aber die kürzere Strecke Richtung Nairobi.
Dann könnten wir noch nach North-Horr fahren. Das sind knapp 140 km. Von dort nochmal ca. 200 km nach Marsabit. Alles in allem scheint uns North-Horr die beste Wahl.
Wir erkunden uns bei den Rangern nach dem Weg. Sie meinen, das müsste in 4 Stunden zu schaffen sein. Der Weg ist aber nicht eindeutig, allerdings fährt heute noch ein Techniker mit dem Jeep nach North-Horr und wir könnten mit ihm fahren. Das hört sich ganz gut an und das Navigationsproblem wäre gelöst. Martina hat inzwischen solange am Navi rumgepult, bis das Ding freiwillig angegangen ist. Dafür ist der Einschaltknopf nun ziemlich zertört. Wir können aber jetzt North Horr als Ziel eingeben. Das Navi zeigt über 200 km an. Die Ranger bleiben aber bei Ihren 140 km. Wir hoffen, daß sie Recht haben.
Gegen Mittag geht es los. Wir sind fahrbereit und der Jeep, ein Landrover-Pickup fährt vor. Wir kommen einigermassen gut vorwärts. Die Piste ist nach wie vor anspruchsvoll. Seitdem wir bei Omorate in Äthiopien die Hauptpiste verlassen haben, sind wir nicht mehr auf einer “geschobenen” Piste unterwegs gewesen. Mit geschoben meine ich; Ein Bagger hat den Weg entsprechend vorbereitet und eine Planierraupe und/oder Dampfwalze hat die Piste eingeebnet, so daß auch halbwegs normale Fahrzeuge hier fahren können. Hier bewegen wir uns eher querfeldein. Irgendwann hat mal jemand mit dem Auto oder Truck den besten Weg durch das Gelände gefunden. Alle anderen fahren jetzt ebenfalls auf dieser Spur.
Nach ca. 15 km kommen wir an das Park-Gate.
Es ist wieder furchtbar heiß und wir kommen mit dem trinken kaum nach. Kurzer Check am Gate und die Fahrt geht weiter. Der Karte kann ich entnehmen, daß wir durch die “Pockoon Ridge” fahren. Wildes Bergland. Nicht allzu hoch aber mit steilen Auf- und Abfahrten. Bis jetzt noch kein Sand dafür aber viel loses Geröll unter den Rädern. Teilweise fahren wir über lose schwarze Brocken, scharfkantigem Gestein. Immer wieder steile Abfahrten über Geröllfelder. Hier kann ich nur im Schritttempo abwärts fahren, die Füße müssen helfen, sonste würde ich umkippen. Hinter mir fährt Martina. Sie hat die Fußoption nicht, sondern muß die schwierigen Passagen komplett ausbalancieren. Ich ziehe innerlich den Hut vor Ihrem fahrkönnen. Ohne “füsseln” hätte es mich mit Sicherheit schon einige male hingeworfen.
Unsere Begleitfahrzeug ist schon länger außer Sicht. Die kommen einfach schneller vorwärts als wir. An der ersten Kreuzung, wo es schwierig geworden wäre, warten Sie aber auf uns. Wir reden ihnen nochmal ins Gewissen, daß sie Sichtkontakt halten sollen.
Die Fahrt geht weiter. Immer noch bergiges Land. Aber immer weniger Vegetation. Es wird immer wüstenhafter. Immer wieder Geröllfelder, steil hoch, steil runter die uns den Nerv rauben. Dann wieder eine Kreuzung. Der Jeep wartet brav. Jetzt zeigt mein Navi auch tatsächlich nur noch 100 km an. Der Fahrer meint noch, es gäbe auf dem weiterem Weg eine Abkürzung, die wäre aber total versandet und zu schwierig für die Motorräder.
Es geht weiter. So langsam scheinen wir die Pockoon Ridge hinter uns zu lassen. Das Gelände wird flacher. Der Jeep steht jetzt ziemlich auf dem Gas. Ab und an sehe ich ihn noch weit voraus, dann verschwindet er ganz. Wir kommen in eine flache Ebene. Und da ist er wieder. Der Sand. Martina fährt vor. Schon nach wenigen Metern steht sie quer auf der Piste. Die Fahrspur ist total versandet. Ich komme besser zurecht, da ich immer wieder die Füße zu Hilfe nehmen kann. Martina kämpft sich weiter durch aber ich kann Ihr Fluchen durch beide Helme hindurch hören. Dann versucht Sie es außerhalb der Spur, quer durch das Gestrüpp. Hilft aber auch nicht wirklich. Der Boden ist einfach zu weich und uneben. Sie hält an und knallt den Helm in den Sand. “Das ist einfach zu schwer zu fahren” meint Sie. Ich bin auch erstmal ratlos. Taxiere die Piste. Ich schätze daß es noch ca. 5 km so weitergeht. Dann zieht sich die Spur aus der Senke heraus auf eine Anhöhe. Da es so auf jeden Fall nicht mehr geht, lasse ich bei Martina noch mehr Luft aus den Reifen. Und es hilft wirklich. Martina nimmt wieder Fahrt auf und wir kommen passabel vorwärts. Tatsächlich, nach einigen Kilometern geht die Piste in eine Sand- und Geröllebene über. Ich beschleunige. Martina ist hinter mir und jetzt auch flotter unterwegs. Einige Sekunden später schaue ich wieder in den Spiegel. Keine Martina mehr.
Ich drehe mich um. Der Schreck fährt mir in die Glieder. Martinas Motorrad liegt kopfüber im Sand und Martina einige Meter daneben. Ich mache eine scharfe Kehrtwendung und heize zurück zum Unglücksort. Martina liegt auf dem Rücken, rappelt sich dann aber wieder auf und krabbelt Richtung Motorrad. Sie meint als erstes: “Das Motorrad muß wieder aufgerichtet werden, daß Benzin läuft aus”. Ich schaue abwechselnd auf Martina und das Motorrad um zu entscheiden was wichtiger ist. Martina hält sich zwar den Arm, scheint aber ansonsten ok. Also ab zum Motorrad um diese aus Ihrem “Kopfstand” zu befreien. Augenscheinlich auch hier keine Schäden.
Wir setzen uns erstmal in den Sand. Ich kann schön die Spur sehen, die Martina gezogen hat. Sie hat offensichtlich die sandige Fahrspur verlassen und ist in noch tieferen Sand links der Spur gekommen. Martina meinte, daß wäre nur eine Sekunde Unaufmerksamkeit gewesen. Sie sah schon das Ende der Piste mit dem nun leichterem Gelände vor sich und dann hat es das Motorrad verissen und sie hat einen Salto über den Lenker hingelegt.
Ich überdenke kurz unsere Lage. Wir haben noch 3 Liter Wasser. Unser Begleitfahrzeug ist sprichwörtlich “über alle Berge”. Es hat fast 40 Grad. Wir haben erst die Hälfte der Strecke geschafft. Wenn jetzt noch was ernsteres passiert, sind wir ziemlich im Arsch. Das Wasser hält bestenfalls bis morgen. Die Spur vor uns verliert sich in alle Richtungen und das Navi hat auch den Track verloren und will uns irgendwie nach Loyangalani schicken. Handy-Empfang hat es hier auch nicht.
Martina fühlt sich noch einmal alle Knochen durch. Alles ok soweit. Dafür hat Sie jetzt mächtig Adrenalin im Blut und es kommt eine “jetzt erst Recht Stimmung” bei Ihr auf.
Ok, dann weiter aber noch so ein Sturz, dann wären meine Nerven endgültig dahin.
Das Gelände wird offener. Wir sind jetzt mitten in einer Wüste. Der Chalbi-Wüste, sagt mir meine Karte. Wir sind gerade mal einige hundert Kilometer oberhalb vom Äquator. Da hätte ich eher tropische Vegetation erwartet und keine knochentrockene Wüste. Offensichtlich hält das Hochland im Norden jeden Regen fern. Aber die Wüstengötter meinen es gut mit uns. Nach all den Schwierigkeiten kommen wir jetzt unerwartet gut voran. Die Wüstenebene lässt sich prima befahren. Mein Navi hat es aufgeben, uns über eine Piste nach North-Horr zu senden. Es hat jetzt auf “Luftlinie” umgestellt. Fahrspuren sind kaum noch zu sehen aber die Richtung stimmt. Ich mache mir nur noch kurz sorgen, ob das nicht die Abkürzung ist, von der unser Fahrer geredet hat. Die mit den schwierigen Sandstellen. Aber wir können eine ganze Weile mit 60-70 km/h fahren und wir näheren uns zügig North-Horr.
Noch 35 km, noch 30, noch 20 km. Dann kommen tatsächlich erste Sandfelder die aber noch relativ problemlos zu befahren sind. 10 Km vor North-Horr stoßen wir dann tatsächlich auf eine Fahrspur, die vermutlich nach Loyangalani führt. In der Ferne können wir schon einen Antennenmast entdecken. Egal was passiert, verdursten werden wir wohl nicht mehr. Dafür ist North Horr schon zu nah. Da könnten wir zur Not auch hinlaufen.
Die letzten Kilometer wird es nochmal schwer. Immer wieder gibt es tiefe Sandpassagen durch die wir uns durchwühlen müssen. Da wir das Ziel schon vor Augen haben, macht uns das nun nicht mehr allzuviel aus.
Nach 6 Stunden Fahrt ab Allia Bay, dem Sibiloi Headquarter und 140 Km laufen wir in North Horr ein. Es handelt sich um eine palmenbestandene, nur aus Sandpisten bestehenden Oase, die wir eher in der Sahara vermutet hätten als in Nord-Kenia.
Im Ort treffen wir auch unseren Jeep wieder. Der Fahrer entschuldigt sich, aber er mußte sich beeilen, da er heute noch zurück nach Allia Bay will. Nun ja.
Wir kommen in einer einfachen Lodge mit Rundhütten unter. An einer Biertheke organisiere ich Getränke. Da es hier so gut wie keinen Strom gibt, sind die Getränke entsprechend ungekühlt. Jetzt ein kühles Bier, das wäre was. Einige Männer sitzen herum, offensichtlich Polizisten, nicht im Dienst. Sie fragen mich woher, wohin. Ich sage “vom Turkana Lake”. Sie fragen mich nach der Sicherheitslage dort. Da bin ich einigermaßen erstaunt. Das sollten die doch besser wissen als ich. Ich meine; “wir sind immer noch am Leben, also kann es so schlecht nicht sein”. Sie lachen nicht über meinen Witz. Später erfahre ich, daß vor einigen Tagen südlich vom Turkana Lake 41 Polizisten erschossen worden sind. Diese sind bei
‘Stammesrivalitäten´ zwischen Samburus und Turkana-Leuten zwischen die Fronten geraten.
Ich erkundige mich nach der Piste nach Marsabit. Die Polizisten meinen, das wären höchstens ca. 3-4 Stunden. Das muß ja eine prima Piste sein. 200 km in 3-4 Stunden. Ich frage, ob es einen Bus nach Marsabit gibt. Das wäre ein sicheres Indiz für eine gute Piste. Nein, einen Bus gibt es nicht. Nur Trucks und 4WD-Cars.
Am nächsten morgen organisieren wir wieder Benzin. Wir müssen Geld tauschen und eine Bank gibt es hier nicht, dafür wieder eine Mission.
Ich marschiere durch den Sand zur Mission. Pater Antoni empfängt mich freundlich. Ein bayerischer Pfarrer. Er hört sich kurz unsere Geschichte an und lädt mich gleich zu einem Kaffee ein. Mann, schmeckt der gut. Da hole ich doch gleich Martina hinzu. Pater Antoni hat noch kurz was in der Werkstatt zu tun und lässt uns mit der gut gefüllten Kaffeekanne alleine.
Als er wieder kommt, ist die Kanne so gut wie leer.
Wir erkundigen uns nach dem weiteren Weg. Pater Antoni meint, nach Marsabit sind das locker 8 Stunden. Mit dem Motorrad eher mehr, weil es einige schwierige Sandpassagen gibt.
Das hört sich gar nicht gut an und nach unseren gestrigen Erlebnissen haben wir eigentlich die Nase voll von der Piste. Also fragen wir vorsichtig an, ob es einen Truck oder Pickup gibt, der uns nach Marsabit bringen könnte. Pater Antoni schlägt sofort ein. Er muß eh einen Kranken aus Marsabit holen und da können wir mitfahren. Wir können auch gerne solange hier in der Mission bleiben.
Er meint, daß immer wieder Motorradfahrer bei ihm “stranden” die er wieder hochpäppeln muß. Dann erzählt er uns gleich von einem Fall vor einigen Jahren;
Ein Solofahrer hat Pater Florian in der Mission in Illerit gebeten, nach North Horr durchzufunken, daß er, wenn er bis Abend dort nicht ankommt, man nach ihm suchen soll. Er kam tatsächlich nicht an. Am nächsten Tag hat dann Pater Antoni ein Auto Richtung Illerit losgeschickt. Und tatsächlich, 80 km vor Illerit fand man das Motorrad. Offensichtlich nach einem Sturz nicht mehr fahrbereit. Im Sand eine Nachricht, in der stand, daß der Fahrer zurück nach Illerit läuft. 15 km weiter fanden sie ihn. Halb verdurstet und mit geschwollenen Knie. Sie haben ihn dann nach North Horr gebracht, wo er bei Pater Antoni in der Mission eine Woche lang versorgt wurde.
Jetzt, wo unsere Weiterfahrt gesichert ist, können wir uns entspannen. Wir bauen unser Zelt auf dem Gelände auf und richten uns ein. Es ist wieder extrem heiß und wir können gar nicht so viel trinken wie wir müssten.
Ein Landrover taucht in der Mission auf. Es ist Felix. Ein Österreicher der gerade aus Loyangalani kommt. Der Schweiß rinnt ihm aus allen Poren und er meint als erstes: “Ja mei, das ist vielleicht eine brutale Piste, bin ja schon viel in der Sahara gewesen, aber das ist echt noch eins obendrauf”.
Auch er wird von Pater Antoni willkommen geheißen. Zumindest einsam ist es hier nicht. Am Nachmittag verladen wie die Motorräder auf den Landrover-Pickup. Diesmal sind Sie perfekt verzurrt und sie sollten keinen weiteren Schaden nehmen.
Am Abend gibt es in der Mission ein gemeinsames Abendessen, nicht ohne vorheriges Tischgebet. Danach fängt der gemütlich Teil des Abends an. Wir sitzen im Garten und Pater Antoni schmeißt eine Runde eiskaltes Bier aus bayrischen Maßkrügen! Über uns ein prächtiger Sternenhimmel. Wir unterhalten uns über das Reisen, die Wüste und den lieben Gott. Reisen kann auch Spaß machen.
Wir erfahren, daß es hier in North Horr und der umliegenden Wüste nie kalt wird. Anders als in der Sahara, gibt es keinen Winter, dafür ist der Äquator einfach zu nahe. Das es keine richtigen Pisten gibt, ist ganz einfach; der Norden Kenias ist so gut wie nicht erschlossen, daher von keinerlei Interesse. Allerdings, in North Horr versucht der Islam die Vorherrschaft zu erlangen. Es kommen immer wieder Prediger von außerhalb mit extremen Ansichten. Bis jetzt zum Glück mit wenig Zustimmung von den hiesigen Moslems. Allerdings stehen vor jedem Gottesdienst 2 bewaffnete Polizisten vor der Kirche. Zur Sicherheit.
Felix kommt mit seinem Landy aus Nairobi. Ein Kumpel hat die Kiste blind von Deutschland aus in Kenia gekauft und Felix ist schon vorausgeflogen um das Auto zu testen. Dafür ist er die Turkana-Route mal eben gefahren. Ziemlich krasser Test finde ich. Immerhin hat er Satelitentelefon und 2 Navigeräte dabei, sonst fände sogar er das zu gefährlich. Wenn sein Kumpel in 2 Wochen ebenfalls einfliegt, wollen sie zusammen durch den Kongo. Sie kalkulieren sogar ein, daß sie das Auto dabei verlieren. Aber probieren wollen Sie es.
Als “Abend-Highlight” macht uns noch ein Missionsschwester auf eine handgroße Spinne an der Wand aufmerksam. Eine “Hunting Spider”. Solange sie an der Wand sitzt ist alles ok aber am Boden kann Sie schon mal angreifen und sie ist sehr giftig. Wir kontrollieren fortan mehrmals, ob das Zelt auch richtig zu ist.
Es ist wieder morgen. Wir bekommen noch ein schönes Frühstück serviert und es ist Zeit uns zu verabschieden. Der Pickup steht schon fahrbereit vor der Mission und Felix fährt zusammen mit uns, da er auch nach Marsabit will.
Unsere Fahrzeug ist schon locker 30 Jahre alt aber die Landrover scheinen die einzigen Fahrzeuge zu sein, die auf Dauer in dieser Umgebung durchhalten bzw. einfach zu reparieren sind.
Schon kurz hinter North Horr kommen die ersten Sandfelder. Die hätten uns mit Sicherheit viel Zeit gekostet. Der Landy wühlt sich aber relativ locker da durch.
Nach den Sandfeldern wechselt die Piste ab zwischen sandig und Geröll. Nach 30 km ein stumpfes Grollen, links vorne. Der erste Plattfuß. Wir haben 2 Ersatzreifen dabei. Statisch reicht es jetzt nicht mehr für die 200 km nach Marsabit. Felix hat aber die selben Felgen und ebenfalls Ersatzreifen dabei. Das beruhigt.
Nach 80 km kommt der Ort Kalacha. Ein kurze Trinkpause und es geht weiter. Jetzt fahren wir ewig über eine Geröllpiste. Kleine bis mittelgroße scharfkantige Steine. Sicherlich über 50 km lang. Ich glaube, hier hätte spätestens mein Vorderradreifen aufgeben und ich wundere mich nur, daß wir keinen weiteren Plattfuß haben. Immer noch brüllheiß. Wir haben eine 5-Liter Wasserflasche dabei die schon bedenklich leer wird. Rechts unten in der Ferne sehen wir eine riesige Salzpfanne. Mann, hier ist es schon heiß, wie heiß mag es erst da unten sein?
Nach 150 km kommt erneut ein langes Sandstück. Wir versuchen zu beurteilen ob es für uns machbar gewesen wäre. Ist schwer zu sagen. Für das Auto ist es jedenfalls kein Problem.
Plötzlich steigt der Weg an. Die Wüste verschwindet und aus der Geröllpiste wird eine Lehmpiste. Grüne Büsche, Gras und Palmen. Nach 7 Stunden erreichen wir Marsabit.
Wir sind wieder auf einer “Hauptpiste”. Hier fahren wir zu “Henrys Camp”. Ein Schweitzer betreibt hier neben einer Baufirma auch noch einen Camping. Als wir ankommen sind noch 2 andere Overlander da. Sie begrüßen uns trocken mit: “Ihr seht schrecklich aus”. Scheint dann doch so, als ob uns die letzten Tage zugesetzt haben.
Wir hatten gehofft, daß wir in Marsabit aus dem gröbsten raus sind. Leider noch nicht ganz. Von hier Richtung Isiolo und Nairobi sind es noch 120 km furchtbare Piste. Erst dann kommt die Teerstraße. Aber die ganze Strecke bis Isiolo ist gefährlich. Hin und wieder werden Fahrzeuge beschossen oder auch ausgeraubt. Ja super, wir dachten das wäre eher zwischen Moyale und Marsabit. Aber mehrfach hören wir, daß die Gefahren eher südlich sind.
Am morgen brechen wir auf. Marsabit ist eine mittelprächtige Kleinstadt aber die Piste dorthin spottet jeder Beschreibung. Ich kann kaum beschreiben, wie schlecht diese Piste ist. Entweder heftiges Wellblech, daß von schnellfahrenden Trucks verursacht wird, immer wieder knietiefe Schlaglöcher, die jeden Versuch schneller zu fahren zunichte machen. Dann, an den lehmigen Passagen, vom Regen ausgewaschene Furchen.
Wir sind total genervt. Vor allem das Wellblech. Es gibt einfach keine “richtige” Geschwindigkeit. Manchmal fahren wir 15 km/h können dann kurz auf 40 km/h beschleunigen um dann wieder brachial abremsen zu müssen, weil wir sonst das Gefühl haben, daß es das Motorrad zerlegt. Nach 5 zermürbenden Stunden haben wir es geschafft. Wir sind wieder auf der Teerstraße. Aber wie sagte Pater Antoni “ab dort schießen die scharf” (sein Auto wurde am Anfang der Teerstraße beschossen, 2 Treffer im Kotflügel).
Ok, die Straße ist nagelneu und wir geben Gas, einfach um die Zeit auf dieser Strecke so kurz wie möglich zu halten. Wir sehen neben der Straße Sträuße und eine große Elefanten-Herde, aber zum anhalten und fotografieren haben wir keinen Nerv. Ab und an tauchen Samburus auf. Oft mit Waffen und finster dreinschauend. Aber, heute haben Sie wohl keine Lust zum rumballern. Endlich, Isiolo. Die Zivilation hat uns wieder.
Wir überqueren zum ersten Mal den Äquator und 2 Tage später sind wir in Nairobi. Durch den chaotischen Verkehr erreichen wir eines unserer Hauptetappenziele. “Jungle Junction”. Dem Overlandertreff in Kenia, vielleicht sogar Afrikas.
Hallo Lieven,
Was für ein Abenteuer! Es ist immer wieder das High-Light des Tages wenn ein neues Kapitel eingestellt wird.
Vielen Dank das ihr uns alle so umfangreich teilhaben lasst..
LG
Martin
Hi Martina und Lieven,
danke für Eure hautnahen Berichte.
Meine Achtung und meinen Respekt für Eure großartige Reise und Eure Ausdauer.
Haltet durch !!!
Herzliche Grüße
Willi, Gross-Umstadt